Expeditionsmitschrift

Züst ist ein Verwandter; ein forschender Verwandter, der an der Reling steht der Brig «Rurik» des Seefahrers Otto von Kotzebue («Kotzebuesund»). Er ist Mitglied der Stamm-Crew, die in den 1810er/1820er Jahren drei Weltumsegelungen durchführte. Sein Job, bei dem Versuch, die Beringstrasse zu durchdringen, ist der des Meteorologen, des Glaziologen und der des Expeditionsfotografen.

Züst ist es gewohnt, im Austausch mit verwandten Geistern zu arbeiten. Mit bekannten Bekannten. So begleitet er, mit Büchern aufgewachsen, wie damals, als Chamisso, der Sprachaufzeichner, und Eschscholtz, der Botaniker mit an Bord waren, seine – nicht nur schweizer – Bekannten und Verwandten mit der Kamera, um sie, nun zum zweiten Mal ins Buch zu bringen.

Andreas Züst ist ein Verzeichnismensch, ein Archivjäger, dem die Kälte, die er liebt, fremd ist. Er habe den Ehrgeiz, alle Eisarten, die es gibt, zu fotografieren. Das hat er vor Jahren dem Protokollanten einmal anvertraut. Das allein wäre ein fulltime-job. Aber er ist ja, hier, Kopfjäger (das Gegenteil eines Paparazzo!), und weiss zu jedem Abbild mindestens eine Geschichte zu erzählen. Und wenn er es selbst nicht aufnehmen kann, der Netzwerk– und Gedächtniskünstler Züst, den forscht er in den zahlreichen Gastfotografenarchiven aus, nimmt die Anordnungen vor, textet die Bildunterzeilen. Den Erinnerungsmacher Andreas Züst – einen solchen nennt die Ethnographie Memorizer: den Menschen, der die Geschichte des Clans im Gedächtnis behält – Züst, den Auslöser und Lichtbildner vom legendären Spiegelberg, beglückwünschen wir zu Bekannte Bekannte Zwei.

Thomas Kling
Raketenstation Hombroich, im Januar 1996