«Superamas»
Januar 2014
Zur 4-teiligen Ausstellungsreihe «Superamas», welche von Mai 2012 bis April 2013 im CAN Neuchâtel stattfand, wurde Anfang 2014 die gleichnamige Box (33 x 33 x 3,5 cm) mit vier Heften und einer Doppel-LP veröffentlicht. Jede Ausstellungsphase ist in je einem Heft dokumentiert und auf den LPs ist eine Improvisation zu hören, die innerhalb der Reihe in den Ausstellungsräumen stattfand.
Das dritte Heft, das sich der Ausstellungsphase «Technique & Sentiment» widmet, zeigt Bilder der da ausgestellten Bibliothek Andreas Züst (Projektverantwortliche: Ariane Roth und Mara Züst) sowie vom Projekt «Ein Buch bei Nacht» (Projektverantwortliche: Samuel Bänziger und Mara Züst), welches die KünstlerInnen Habib Ahmed Afsar, Ivo Mendes Barão Teixeira, Beni Bischof, Gabi Deutsch, Daniel Gafner, Mariano Gaich, Estelle Gassmann, Peter Hutter, Norbert Möslang und Salome Hohl umfasste.
Text: Anita Rufer
Studierende der ZHdK und Peter Weber
«Alpenhofalpenhof»
Sommer 2013
Die Nr. 4 der Publikationsreihe «Korrespondenzen» mit dem Titel «Alpenhofalpenhof» ist Sammlerstück, Kaleidoskop und Schatztruhe in einem. Das Buch porträtiert den "Kulturfrachter" mit je eigenen Kapiteln zu den Themen Bibliothek, Kunst, Musik und Architektur und enthält Bild- und Textbeiträge von Kulturschaffenden, die mit dem Ort und seiner Geschichte verbunden sind.
Die Publikation wurde von Studierenden der ZHdK, Master Art Education, Vertiefung publizieren & vermitteln, unter Leitung der Dozierenden Basil Rogger und Mihaly Varga in Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Peter Weber umgesetzt und enthält Beiträge von Plinio Bachmann, Tinu Balmer, Heidi Eisenhut, Heinz Erismann, Patrick Frey, Frank Heer, Alf Hofstetter, Andres Lutz, Thomas Meinecke, Michaela Melián, Jakob Rauscher, Simon Selbherr, Rainer Stöckli, Ficht Tanner, Nadja Veronese, Mirjam Wirz und den Studierenden.
Text: Anita Rufer
Norbert Möslang
«KCAA001 – KCC065», Diagonalsicht 1
Oktober 2012
Für das Ausstellungsprojekt «Ein Buch bei Nacht - Objekte aus der Bibliothek Andreas Züst» hat Norbert Möslang das Buch «KCAA001 – KCC065» produziert. Er hat dafür aus dem Bibliotheksregal «Fotografie I» systematisch von jedem Buch je eine Seite gescannt, beginnend beim ersten Buch oben links, mit der Signatur KCAA001, endend mit dem Buch des untersten Fachs rechts (KCC065). Vom ersten Buch scannte er die erste Seite, vom zweiten die zweite Seite, vom dritten die dritte, und so fort, entlang der Signaturen von jedem Buch eine einzelne Seite.
Möslang bringt damit das in den Bibliotheksordnungen verborgene Durcheinander ans Licht und verdeutlicht die Indifferenz solch bibliothekarischer Systematisierungen mittels Signaturen und die ihr ganz eigene Poesie: Was hier – gebunden wiederum zu einem Buch – jeweils nebeneinander zu liegen kommt, erzählt wunderbares über den Büchersammler Andreas Züst. Mit seinem Konzept thematisiert das Buch zudem die Buchgestaltung und Seitenlayouts, indem Schmutztitel und Danksagung aus unterschiedlichen Büchern nebeneinander zu liegen kommen.
Auflage: 29, signiert und nummeriert
Text: Anita Rufer
Simone Koller
«R.D. Laing and Anti-Psychiatry, or:
The Basic Trouble of What it Means to Become a Human Being»
September 2012
«R.D. Laing and Anti-Psychiatry, or: The Basic Trouble of What it Means to Become a Human Being» ist Simone Kollers künstlerische Dokumentation des Workshops von Aaron Schuster mit demselben Titel, der am 25. und 26. September 2012 in der Bibliothek Andreas Züst stattfand. Für die Dokumentation hat sie die Notizen der Teilnehmenden gesammelt, als Siebdrucke und mit einfachen Fotokopien reproduziert und in einer Auflage von 13 Exemplaren gebunden aufgelegt.
Text: Anita Rufer
Edition Mittwoch
«Prometheus. DIE VERNUNFT. ERRUNGEN? ABGESCHAFFT!»
Zürich 2012
Die Publikation entstand im Rahmen des Masterprogramms «Editorial Design», einem der «Masters of Arts in Design» der ZHdK.
Es handelt sich um die erste und letzte Produktion der «Edition Mittwoch». Ihr lag das Interesse zugrunde, mit der Aussicht auf den Zusammenhalt der Editorial-Studierenden ein verbindendes Semesterprojekt in Angriff zu nehmen, sozusagen ein mittwöchentliches Nebenfeld ihrer je eigenen Masterarbeiten. Als Brennpunkt/Thema war «Adaption» gesetzt und der Text von Matthias Michel «Prometheus. Denker und Gestalter, Rebell und Brandstifter. Eine Mythografie der Menschwerdung» diente als weitere Referenz. Zum Programm gehörte ausserdem ein Workshop auf dem Alpenhof, der von Sereina Rothenberger und Matthias Michel durchgeführt wurde.
DozentInnen bei diesem Projekt waren Kurt Eckert, Alex Hanimann, Matthias Michel und Sereina Rothenberger. Als Studierende beteiligten sich Alice Schwab, Barbara Hoffmann, Christoph Miler, Daniel Menichini, Isabel Seiffert, Julie Petter, Lea Häfliger und Lesa Schmidt.
Text: Anita Rufer
Lisa Austmann, Priscila de Souza Gonzaga, Susan Karrais, Kathrin Kögl,
Paulina Velasco Silva, Sonja Zagermann
63. Designer werden freche, gewagte – mitunter
gediegene Gasmasken entwerfen
Dezember 2011
Anita Rufer und Mara Züst
Edward Bellamys Bibliothek
Juli 2011
15. Kapitel.
Als wir auf unserem Rundgang durch das ganze Haus ins Bibliothekzimmer kamen, konnten wir es nicht über uns gewinnen, an den einladenden, eleganten Ledersesseln ohne weiteres vorüber zu gehen. In einer behaglichen Nische, von Büchern rings umgeben, liessen wir uns nieder und hielten Siesta.*
«Edith hat mir erzählt, dass Sie den ganzen Vormittag in der Bibliothek verbracht haben,» sagte Frau Leete. «Ich finde, dass Sie unter allen Menschen am meisten zu beneiden sind.»
«Würden Sie mir wohl sagen, weshalb?»
«Weil Sie die Bücher noch nicht kennen, die im Verlaufe des letzten Jahrhunderts geschrieben worden sind. In den nächsten fünf Jahren werden Sie durch das Lesen der vielen fesselnden literarischen Erscheinungen in Anspruch genommen, sich kaum Zeit lassen, Ihre Mahlzeiten zu geniessen. Wie gern möchte auch ich Berrians Romane zum ersten Male lesen.»
«Oder Nesmyths Werke,» warf Edith ein.
«Gewiss, und Vaters Gedichte: ‹Vergangenheit und Gegenwart› und ‹zu Anfang›. Ach, ich könnte mindestens zwölf Bücher aufzählen,» erklärte Frau Leete voller Begeisterung.
«So darf ich wohl annehmen, dass während dieser hundert Jahre eine neue interessante Literatur entstanden ist?»
«Freilich,» antwortete Dr. Leete, «es war eine Zeit beispielloser Geistesgrösse. Wohl nie zuvor hat die Menschheit in ethischer und materieller Beziehung in so kurzer Zeit so umfassende Wandlungen erfahren, wie diese aus den alten Verhältnissen hervorgegangene Neugestaltung zu Anfang des 20. Jahrhunderts sie mit sich brachte. Alle gewannen allmählich das volle Verständnis für das grosse Glück,
das ihnen zuteil geworden war, sie empfanden, dass der Wechsel der Dinge nicht lediglich einen Fortschritt in den Einzelheiten ihrer Lebensbedingungen bedeutete, sondern den Aufstieg der ganzen Rasse zu einer neuen Sphäre ihres Daseins – mit unbegrenzten Möglichkeiten zur Vervollkommnung. Da wurden ihre seelischen und geistigen Kräfte von Ehrgeiz beseelt – die Blüte der mittelalterlichen Renaissance kann uns vielleicht ein noch unvollkommenes Spiegelbild dieser neuen Epoche bieten. Jetzt entstanden die neuen Erfindungen auf technischem Gebiete, wissenschaftliche Forschungen und künstlerische Errungenschaften, eine Produktivität in der Musik und Literatur, die bis dahin ganz unerreicht war.»
aus: Rückblick von dem Jahre 2000 auf das Jahr 1887, Edward Bellam,
Ausgabe Georg Müller, München 1919.
Originaltitel: «Looking Backward or Life in the Year 2000», erstveröffentlicht 1888 in den USA.
Signatur Züst LABA B014 (Ausgabe von 1919) und LABA B14x (Ausgabe von 1973)
Der Roman «Rückblick von dem Jahre 2000 auf das Jahr 1887» Bellamys erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der nach rund hundert Jahren Schlaf aufwacht. Dadurch erhält er die Gelegenheit, die Gesellschaft mit ihren zwischenzeitlich gemachten Entwicklungen erneut kennenzulernen. Das Buch war damals ein Bestseller, möglicherweise auch darum, weil in dieser Utopie die Gesellschaftsprobleme seiner Zeit zuversichtlich als lösbar beschrieben wurden.
Heute trifft das Buch uns da, wo wir die damals utopische Zukunft als unsere jetzige Zeit lesen können. Und es lässt uns dort verstummen, wo wir uns damit auseinanderzusetzen haben, dass die Utopie sich nicht realisiert hat und wir als Menschheit ständig darin scheitern, hin zum Besseren oder gar Guten zu kommen.
Text: Anita Rufer
Anita Rufer und Mara Züst
Von Bibliotheken und Buchdeckeln
Januar 2011
«Le Nouveau Palais du Tribunal Fédéral» beherbergt eine Bibliothek. Hier sieht man, wie deren Archivräume mit modernster Technik in effizienter, raumsparender Funktionalität eingerichtet sind. Im Gegensatz dazu zeigt sich der Lesesaal sehr traditionell, schon fast altbacken: eingerichtet mit hölzernem Mobiliar und Teppichen, ganz ohne Schnörkel und mit Arbeitsplätzen an den Tischen, die so eng angeordnet den Benutzenden wenig Raum bieten. Nicht gross Gedachtes, sondern arbeitsam Studiertes scheint hier erwartet. Doch dann werden die Bücher geöffnet und sie erzählen, wie auch das Austarierteste genauso fassungslos und aus dem Lot geraten kann. Oder verhält es sich bei Büchern eines Bundesgerichtes anders?
Text: Anita Rufer
Simone Koller
Bücher gleich Rubinen
Januar 2010
Im 1954 erschienenen Buch «The Doors of Perception» beschreibt Aldous Huxley die Auswirkung von Meskalin auf das menschliche Bewusstsein. Huxley hatte sich ein Jahr zuvor einem Experiment unterworfen, in der Hoffung, die Pforten seiner Wahrnehmung (so lautet der Titel der deutschen Übersetzung) zu erweitern. Einige Minuten nach Einnahme des Halluzinogens beginnt Huxley, in einen anderen Bewussteinszustand überzutreten: ein Blumenstrauss wird zu einem «Wunder nackter Existenz», Bücher beginnen zu leuchten wie Edelsteine.
Text: Simone Koller
Aus dem Reich der Pelze
Juni 2013
Das Buch fiel auf, weil eine Signatur gänzlich fehlte und es auch im Bibliothekskatalog nicht auffindbar war. So wurden die «Geschichte des Rauchwarenhandels» und «Naturgeschichte der Pelztiere» als Fremde entlarvt. Wie sie den Weg in die Bibliothek gefunden haben und mit wem, wie präzise sie ausgewählt oder doch nur zufällig vergessen wurden, ob sie fremd bleiben oder in die Bibliothek aufgenommen werden sollen: soviel man auch «Aus dem Reich der Pelze» erfährt, über diese neuen, hier möglicherweise nun noch wichtigeren Fragen, gibt das 900-seitige Buch nichts preis.
Emil Brass, Aus dem Reich der Pelze, Verlag Neue Pelzwaren-Zeitung und Kürschner-Zeitung. Berlin 1925
Text: Anita Rufer
Strapazin
«Kollision»
Nr. 110, März 2013, Zürich
Sieben ZeichnerInnen aus unterschiedlichen Bereichen wurden im September 2012 von den Strapazin-Redaktorinnen Julia Marti und Milva Stutz eingeladen, am 2-tägigen Workshop zum Thema «Kollision» teilzunehmen. Es sollte unter anderem der Frage nachgegangen werden, wie unterschiedliche Hintergründe, Methoden und künstlerische Positionen ganz unterschiedliche Zugänge zum Erzählen durch Bilder schaffen. Das daraus entstandene Magazin beinhaltet einen Textbeitrag von Wolfgang Bortlik, Diskussionsauszüge des Workshops und die im Anschluss an das Treffen entwickelten persönlichen Beiträge der Workshop-Teilnehmenden: Anna Albisetti, Cécile Hummel, Patric Sandri, Patrick Graf, Peter Radelfinger, Rudi Deligne und Yves Noyau.
Text: Anita Rufer
Simone Koller
«Rede-Wendungen»
Juni 2012
«Rede-Wendungen» ist Simone Kollers künstlerische Dokumentation des Workshops von Tine Melzer mit demselben Titel, der am 29. und 30. Juni 2012 in der Bibliothek Andreas Züst stattfand. Die von den Teilnehmenden entwickelten Text-Bild-Collagen hat sie als Risographien und Siebdrucke reproduziert und in einer Auflage von 15 Exemplaren gebunden aufgelegt.
Text: Anita Rufer
Nino Fournier
bibliothèque
Dezember 2011
Nino Fournier's Video ist ein visueller und akustischer Streifzug durch die Bibliothek Andreas Züst. Zur im Hintergrund laufenden Musik werden von verschiedenen Personen in verschiedenen Sprachen Textfragmente rezitiert, die, analog zu den immer schnelleren Schnitten und vermehrten Nahaufnahmen, in ein Stimmengewirr und Textchaos kulminieren. Der Film mündet in einen – man könnte es visuellen Kommentar nennen, der jedoch mehrdeutig bleibt.
Text: Anita Rufer
Paula Fürstenberg und Simone Lappert
Arno Schmidts Wundertüte
Frühling 2011
Vielleicht ist Dir auch folgende überlegung neu: Ein junger Mensch, der ja praktisch nichts kennt, als sich selbst und die eigenen Gefühle, musz demzufolge Lyriker sein: Lyrik, das ist die bestrickende Sprache, die bestechendste liebenswürdigste Form des Egoismus. Wenn er (Goethe) aber noch über 30, also wenn er Welt und Wiesen hat einigermaszen kennen gelernt, habituell Lyrik produziert, also weiterhin nur sein eigenes Seelchen belauscht, dann sei vorsichtig im Verkehr mit ihm. Denn Dichter sein: das heiszt in allen Dingen sein (die unter 1000 Mark kosten), mit allen Menschen fühlen (nur den bewuszt Vornehmen nicht), in allen Zimmer treten (Antichambres ausgenommen), Alle Sprachen sprechen (auszer Slang und Sächsisch), alle Wissenschaften durchlaufen (auszer Heraldik und rer. pol.)
Aus: Arno Schmidts Wundertüte
Arno Schmidt Stiftung, Bargfeld 1989, S. 144
Signatur Züst LABASO 49
Zwei Autorinnen tippen einen kurzen Textausschnitt des Buches «Arno Schmidts Wundertüte» mit Schreibmaschine nach. Der bereits gedruckte und veröffentlichte Text erhält mit dem Nachtippen Merkmale eines Manuskripts zurück, die beim buchgedruckten Text nicht mehr sichtbar sind/waren.
Es ist eine ungewöhnliche Art der Annäherung an einen Autor und seinen Text, den die Schreibenden hier unternehmen. Vielleicht ist dieses Verfahren der Versuch, den Text zum Autor zurückzubringen. Sicherlich heben sie damit den prozesshaften Charakter des Schreibens hervor: der Vorgang des Schreibens dauert. Ebenso verweisen die Autorinnen mit dem Nachtippen des Textes auf sich selber: als schreibende Lesende.
Text: Anita Rufer
Lucie Kolb und Philipp Messner
John Cage talks to Hans G. Helms about Mao
Dezember 2009
Philipp Messner hat für einen Beitrag im Radio-Art-Projekt radio arthur eine Kassette mit Aufnahmen eines Interviews mit John Cage ausgeliehen, deren Hülle, aufgrund eines früheren Brandes im Hause Andreas Züsts, angeschmolzen und lädiert war. Zurück schickte er die Aufnahme in neuer Hülle und mit fotokopiertem Booklet. Auch den alten Schutz, obwohl nun ohne eigentliche Funktion, hat er dazugelegt. Diese sorgfältige schöne Geste, könnte die eines Archivars sein, der die Inhalte vernünftig verpackt wissen will und ebenso um den Wert einer Originalverpackung weiss. Aber er scheint auch bereits bemerkt zu haben, dass die Hülle nun neue, nämlich erzählerische, Qualitäten gewonnen hat. Denn auf der Fotokopie vermerkte er klitzeklein «ev. für Archiv». Da befindet sich nun tatächlich alles, die Kassette in neuer Hülle und, nun ebenso erzählerisch malträtiert, ihr alter Behälter.
Text: Anita Rufer